Uwe Bjorck/ April 25, 2021/ Blog

So viele Aufgaben liegen vor uns.
Es liegen so viele wichtige Herausforderungen vor uns, die wir unbedingt angehen müssen. Und dies sind keine Aufgaben, die wir nebenbei lösen können. Wir werden den folgenden Generationen keine lebensfreundliche Welt hinterlassen, wenn wir uns nicht sofort und effektiv um die Klimarettung und den Artenschutz kümmern.

Doch das sind nicht einmal die einzigen überlebenswichtigen Aufgaben. Die Spaltung unserer Gesellschaft wird immer größer und bedrohlicher. Die Kinder- und Altersarmut wächst stetig und die Gefahr des Abgleitens in eine soziale Notlage schwebt wie ein Damoklesschwert über jeder zweiten Mitbürgerin und jedem zweiten Mitbürger unseres Landes. Und da bildet Deutschland keine Ausnahme.

Das Grundeinkommen ist eine Chance für Engagement.
Überall fragen sich die Menschen, wie sie einen Beitrag zur Rettung unserer Welt leisten sollen. Sehr viele von uns haben einfach keine Zeit, da sie von Job zu Job eilen oder sich alleinerziehend um ihre Kinder kümmern. Viele andere kommen mit dem wenigen Geld vom Jobcenter oder mit Minijobs gerade so über die Runden. Da bleiben kaum noch Möglichkeiten, sich für die Klimarettung oder den Artenschutz zu engagieren.

Auch wer heute noch zum besser situierten Mittelstand gehört, lebt in der Angst vor einem sozialen Abstieg. Allein schon die Forderung auf das eigene Auto zu verzichten, stellt diese Menschen vor die Frage, wie sie zur Arbeit kommen sollen ohne auf noch mehr Freizeit verzichten zu müssen.

Wir leben in einer rein wirtschaftlich geprägten Gesellschaft, die uns wenig Zeit und sehr geringe finanzielle Mittel zum nachhaltigen und klimaneutralen Leben und Konsumieren gibt.

Das Grundeinkommen verhindert Trotz und Öko-Bashing.
In der Spaltung der Gesellschaft liegt eine große Gefahr. Mittlerweile spaltet sich unsere Gesellschaft nicht mehr nur in Arm und Reich, in Jung und Alt und in mehr oder weniger Produktivität. Auch der eigene ökologische Fußabdruck trennt die Menschen voneinander. Dabei haben viele Konsumenten und Arbeitnehmer kaum Möglichkeiten, ihren eigenen ökologischen Fußabdruck zu verringern, während andere keine Schwierigkeiten haben, sich nachhaltig und klimaneutral zu ernähren, regenerative Energien zu nutzen oder Fair-Trade-Produkte zu kaufen.

Mittlerweile erkennt sogar das Bundesministerium des Inneren, wie sehr sich hier die Fronten verhärten. Auf der einen Seite sind diejenigen, die sich ihre Lebensmittel auf Ökomärkten kaufen und ihre Bekleidung von Fair-Trade-Labels beziehen können und dabei das Verhalten derjenigen kritisieren, die sich diesen Konsum einfach nicht leisten können. Auf der anderen Seite werden diejenigen stigmatisiert, die laufend ihre Finanzen überprüfen müssen. Die sich gegängelt, bedroht und gedemütigt fühlen, weil sie dem unausgesprochenen Gesetz zum nachhaltigen Konsum gar nicht nachkommen können. Oder dieser Lebensart nicht folgen wollen, weil sie in eine finanziell unsichere Zukunft blicken.

Bei der Berechnung der Höhe eines bedingungslosen Grundeinkommens müssen diese ökologischen Aspekte unbedingt mit einbezogen werden, wenn wir die Spaltung der Gesellschaft nicht noch weiter vorantreiben wollen. Jede Trennung der Gesellschaft verhindert die Teilhabe und schafft Hass und Gewalt.

Das Grundeinkommen ist eine Bedingung für eine lebenswertere Zukunft.
Es steht für uns alle außer Frage, dass Erderwärmung und Artensterben zu den größten Bedrohungen gehören, die es jemals für unsere Welt gab.

Doch unser Wirtschaftssystem mit seinem Diktat, überall eine finanzielle Wertschöpfung anzustreben, verhindert nicht nur einen gemeinsamen Kampf gegen diese Bedrohungen, es schafft selbst überall Schlupflöcher und neue umweltschädliche Quellen zur Bereicherung der Firmen, Konzerne und Personen, denen die Zukunft der Welt völlig egal ist. Wir reden hier von Menschen und Unternehmen, die längst die Grenze zur Illegalität überschritten haben und deren kriminelle Energie so ausgeprägt ist, dass sie buchstäblich über Leichen gehen.

Wer heute ein günstiges Möbelstück kauft, muss davon ausgehen, dass sich in den Polstern oder im Pressholz Müllpartikel in nicht geringer Anzahl finden lassen: Müll, der vorher illegal in den Industrienationen wie Deutschland entsorgt und nach Asien verschifft wurde, von wo aus er in diesen Möbelteilen wieder zum deutschen Verbraucher zurückkehrt. Ein Milliardengeschäft für das organisierte Verbrechen.

Wer heute verpackten Fisch kauft, weiß nicht, wie viel illegaler Beifang in ihm ist. Dabei handelt es sich nicht nur um Beifang geschützter Fischarten, sondern auch um Meereslebewesen, die für den Menschen gesundheitsschädlich sind. Nach Berichten der UN und der WHO sind immer öfter in Fischen aus dem Nordatlantik Bakterien zu finden, die es nur im Südpazifik geben kann. Illegaler Fang aus der Südsee wird mit überfischtem Red Snapper und Kabeljau in chinesischen Fabriken vermengt und kommt mit für Menschen giftigen Algenresten aus dem chinesischen Meer zurück auf den deutschen Tisch. Und nicht selten befindet sich in dem für die Endverbraucher undefinierbaren Fischbrei auch deutscher Lachs, der ebenfalls nach China gebracht wurde, da hier das Verpacken und Einfrieren nicht lukrativ genug ist.

Dies sind nur zwei Beispiele, wie sehr uns die Wirtschaft entglitten ist. Und so sehr sich Ministerien und EU auch bemühen, die bürokratischen Wege dauern zu lange und dass Aufspüren neuer Schlupflöcher wird zur weiteren Einnahmequelle der kriminellen Organisationen und ihrer Rechtsgelehrten. Würden die Ministerien und die EU es wirklich ernst meinen mit der Verteidigung unserer Werte, hätten sie längst Frontex die Eingänge mancher Handelsketten sperren lassen. Die zaghafte Kontrolle einiger Güterbewegungen reicht nicht aus.

Wir können also nicht auf die Gesetzgeber warten. Wir müssen als Verbraucherinnen und Verbraucher selbst handeln. Doch um das tun zu können, brauchen wir zuerst einmal die finanziellen Mittel, um nicht weiterhin auf Billigfleisch, auf undefinierbares Pressholz oder auf giftige Textilien zurückgreifen zu müssen. Ein Grundeinkommen ermöglicht den Kauf des Guten und nicht des Billigen.

Ohne Nachhaltigkeit keine Teilhabe
Grundeinkommensmodelle, in denen ein nachhaltiger Konsum nicht berücksichtigt wird, sind nicht Teilhabe sichernd. Solche Modelle fördern eher die gesellschaftliche Spaltung und bremsen dabei alle Bemühungen im Kampf gegen den Klimawandel und das Artensterben aus.

Wie ich bereits schrieb, brauchen wir einen nachhaltigen Konsum sowie eine gute persönliche Ökobilanz, damit wir in eine lebenswerte Zukunft blicken können. Aber wir benötigen auch immer mehr und immer stärkeres Engagement.

Heute gehen mit Fridays for Future weltweit Millionen Kinder und Jugendliche auf die Straße und demonstrieren für das Aufhalten des Klimawandels. Diese Kinder und Jugendlichen haben dabei einen großen Vorteil. Sie müssen sich nicht ihr eigenes Brot verdienen und haben genügend Zeit und Sicherheit, sich kreativ und ideengebend mit ihrem wichtigen Anliegen zu beschäftigen.

Allein schon die Idee, sich freitags zu engagieren, anstatt die Schulbank zu drücken, zeigt wie sicher aber auch solidarisch diese jungen Menschen aufwachsen.

Wer jedoch eine Familie ernähren muss, täglich über 50 Kilometer Arbeitsweg hinter sich bringt und am Ende des Monats trotz allen Arbeitseifers kein Plus mehr auf seinem Konto verzeichnet sieht, hat diese Sicherheit nicht und wird auch kaum noch Zeit finden, sich kreativ und solidarisch für Klima und Umwelt einzusetzen. Dennoch möchten es viele dieser Menschen und haben zu einem großen Teil sogar ein schlechtes Gewissen, dafür keine Energie mehr aufbringen zu können.

Diese Situation ist ein großes Hemmnis für Solidarität, Selbstbestimmung und Engagement. Wenn aber die gesellschaftliche Forderung nach mehr Klimaschutz immer stärker und somit auch zu einem gesellschaftlichen Konsens wird, geraten die Menschen ins Abseits, die sich daran nicht beteiligen können. Sie nehmen nicht mehr Teil an der Gesellschaft. Sie fühlen sich als Außenseiter. Und von Außenseitern kann man keine Solidarität erwarten und auch kein Engagement für eine Gesellschaft zu der sie nicht mehr gehören. Und was wäre eine Existenzsicherung in diesem Abseits anderes, als die Menschen genau dort zu halten, wo sie gerade existieren? Nämlich in ihrem Ausgestoßensein?

Ein bedingungsloses Grundeinkommen muss also die Teilhabe sichern, damit keine weitere und noch größere Spaltung der Gesellschaft entsteht. Aber es muss auch deswegen Teilhabe sichernd sein, damit wir alle gemeinsam die wichtigsten Aufgaben für eine lebenswerte Zukunft angehen und lösen können.

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