Am 15. September veröffentlichte der Weser-Kurier eine ganze Seite zum bedingungslosen Grundeinkommen. Dazu wurde auch unser erster Vorsitzender Uwe Bjorck befragt. Hier das Interview in seiner ganzen veröffentlichten Länge:
Uwe Bjorck (64) ist Vorsitzender der Bremer Partei Grundeinkommen für Alle (GFA), die seit etwa einem Monat offiziell besteht. Die GFA hat rund 20 Mitglieder und will bei der Bürgerschaftswahl im kommenden Jahr antreten.
Herr Bjorck, warum sollte das BedingungsloseGrundeinkommen in Deutschland eingeführt werden?
Unser jetziges System lässt keine soziale Sicherung zu. Alters- und Kinderarmut sind große Probleme, die sich noch verschlimmern werden. Wir sehen außerdem, dass der innere Frieden zunehmend durch antidemokratische Kräfte gefährdet wird. Das passiert auch, weil die Menschen unter Druck stehen. Auf uns warten Herausforderungen wie der Klimawandel. Um die zu meistern, braucht es Engagement. Das ist nicht möglich, wenn man in seinem Beruf gefangen ist. Wir versprechen uns von einem bedingungslosen Grundeinkommen mehr Freiheit und Selbstbestimmung für die Menschen.
Es gibt unterschiedliche Vorschläge zur Gestaltung und Finanzierung des bedingungslosen Grundeinkommens. Wie sieht das Bremer Modelt aus?
Das Modell sieht eine Staffelung vor. Kinder starten mit einem monatlichen Betrag von 200 Euro, der im Laufe der Jahrewächst. Ab dem 17. Geburtstag hat man Anrecht auf die vollen 1500 Euro. Das Modell kostet etwa 1,1 Billionen Euro jährlich. Ich wundere mich immer wieder, dass die Finanzierung als Hexenwerk gesehen wird. Das ist sie nicht. Rund 500 Milliarden Euro würden durch die Abschaffung von Hartz IV frei, der Rest wäre durch die Einführung einer Vermögens- und einer Finanztransaktionssteuer leicht finanzierbar. Eine konsequent erhobene Erbschaftssteuer ergänzt die Finanzierung.
Kritiker des bedingungslosen Grundeinkommens befürchten negative Auswirkungen auf den Arbeitsmarkt. Was spricht dagegen, sich mit den 1500 Euro auf die faule Haut zu legen?
Ich könnte die Gegenfrage stellen: Was würden Sie tun? Wahrscheinlich weiterhin arbeiten. Auch in unserem Modell ist es so, dass Menschen mehr Geld verdienen, wenn sie arbeiten. Diese Motivation muss bleiben. Unsere Überzeugung ist auch, dass die Menschen arbeiten möchten. Nicht nur des Geldes wegen. Wir wollen, dass jeder sich eine Arbeit suchen kann, die seinen Fähigkeiten und Interessen entspricht. Das ist in unserem System aktuell nicht gegeben. Viele Leute müssen nehmen, was sie kriegen. Das ist unbefriedigend.
Besteht nicht die Gefahr, dass dann niemand mehr die ohnehin schon eher unbeliebten Tätigkeiten übernehmen will? In der Gastronomie zum Beispiel.
Jeder hat eine andere Definition davon, was ein attraktiver Beruf ist. Ich würde lieber ein Autobahnklo reinigen, als den ganzen Tag im Büro zu sitzen und Zahlen zu verschieben. Ich denke auch, dass Berufe in der Gastronomie gar nicht so unbeliebt sind. Viele Leute haben prinzipiell Spaß daran. Den könnten sie auch in der Praxis zurückgewinnen, wenn sie durch das Grundeinkommen finanziell abgesichert wären.
Wie stehen die Bremer und Bremerinnen zum Grundeinkommen?
Wenn wir in Findorff, der Neustadt oder im Viertel über unsere Partei informieren, bekommen wir positive Rückmeldungen. In anderen Stadtteilen wie Gröpelingen werden wir eher skeptisch beäugt, obwohl die Bevölkerung dort am meisten von unseren Ideen profitieren würde. Das ist wirklich ein Problem, an dem wir arbeiten müssen.
Welches Ergebnis peilen Sie bei der Bürgerschaftswahl an?
Meine Parteikollegen würden jetzt wahrscheinlich gerne fünf Prozent hören. Das wäre natürlich schön, aber mit zwei Prozent könnte ich schon sehr gut leben.
Das Gespräch führte Felix Wendler